Aino Sibelius (1871-1969)
Aino
Sibelius unterrichtet in den 1910er Jahren ihre Tochter Katarina
in Ainola
Aino
Sibelius wohnte von Herbst 1904 bis Ende der 1960er Jahre in
Ainola, bis eine Krankheit sie schließlich zwang, die letzten
Monate ihres Lebens in einem Krankenhaus zu verbringen.
Die
ersten Jahre in Järvenpää waren für Aino schwierig. Sie schuf
mit der Arbeit ihrer eigenen Hände aus dem steinigen Land mit
reichlich Erlenbewuchs einen Garten. Die Arbeit lenkte sie von
ihren Ehesorgen ab, die der zeitweilige Lebensstil des Ehegatten
mit Trinken und Feiern verursachte. „Ich hackte und schaufelte
und schaufelte und hackte. Zuweilen heulte ich und dann fing ich
wieder an, zu hacken.“ Aino benötigte schließlich 1907 einen
Erholungsurlaub im Sanatorium in Hyvinkää. „In den
Anfangszeiten war die Mutter, angeblich wegen der finanziellen
Situation, so bedrängt, dass ihr manchmal der Atem ausgegangen
war“, erinnerte sich die Tochter Katarina Ilves später.
Auch
die Verantwortung als Erzieherin bedrückte sie. Anfangs
unterrichtete Aino ihre Töchter zu Hause selbst und sie waren später
auch in der Schule erfolgreich. Während der Unterrichtsstunden
„war die Mutter keine Mutter. Sie war Lehrerin und sie musste
respektiert worden. Wir hatten auch sonst riesigen Respekt vor ihr“,
erinnerte sich Katarina Ilves.
Im
Jahr 1908 fingen „die glücklichsten Jahre“ von Aino an, als
Jean Sibelius nach seiner Halsoperation beinahe sieben Jahre lang
auf Alkohol verzichtete. Die Kinderschar nahm zu, Margareta wurde
1908 geboren und Heidi 1911, als Aino schon vierzig Jahre alt war.
Ainola
war jedoch als Wohnplatz noch keine Selbstverständlichkeit. Die
Familie plante 1912 wegzuziehen, weil Aino mit der Nachbarin Saimi
Järnefelt in Streit geraten war. Ainola blieb dennoch der
Schutzort der Familie. Einzig wegen der Bürgerkriegsereignisse im
Frühling 1918 musste die Familie Ainola verlassen und für ein
paar Monate nach Helsinki umziehen. Der Gemüsegarten von Aino
Sibelius erwies sich in der Notzeit nach dem ersten Weltkrieg und
nach den Verwüstungen des Bürgerkriegs als große Hilfe bei der
Ernährung der Familie.
Als
auch das letzte Kind in den 1930er Jahren von zu Hause weggezogen
war, bekam Aino Sibelius Sehnsucht nach ihren Töchtern und nach
Konzerten und Theateraufführungen in Helsinki. Im Sommer 1939
wurde eine Stadtwohnung in Kammionkatu (heute Sibeliuksenkatu)
gemietet, aber schon im Oktober flüchtete man vor dem Krieg zurück
nach Ainola. Von Herbst 1940 bis Sommer 1941 wohnte die Familie in
Kammionkatu, aber im Sommer 1941 waren die Verhältnisse zwischen
Finnland und der Sowjetunion wieder so angespannt, dass es klug
schien, die Kinder wegen der Gefahr von Bombenangriffen auf
Helsinki wegzubringen. Aino und Jean Sibelius zogen mit ihren
vielen Enkelkindern wieder nach Ainola. Am 22. Juni 1941 fing der
Krieg wieder an. Danach wurde über einen Umzug von Ainola nach
Helsinki nicht mehr nachgedacht.
In
Ainola widmete sich die Herrin des Hauses in den letzten
Jahrzehnten gewöhnlich ihrem Gatten, ihrer Familie und ihrem
Garten. „Das ganze Leben meiner Frau wurde vom
Pflichtbewusstsein beherrscht“, äußerte Jean Sibelius in den
1940er Jahren gegenüber seinem Sekretär.
An
Romantik hat es dem Leben des Ehepaares nicht gefehlt: Katarina
Ilves erinnerte sich später, wie ihre Eltern sich dem Tanz
hingeben konnten, sogar ohne Musik. Und am 10. August 1956 „bat“
der 90-jährige Jean Sibelius zum zweiten Mal „um die Hand“
seiner Gattin. Er tat es am Morgen des 85. Geburtstags von Aino
mit einem großen Rosenstrauß im Obergeschoss Ainolas, obwohl es
ihm große Schwierigkeiten bereitete, die steilen Treppen
hochzusteigen.
Nach
dem Tod von Jean Sibelius wohnte Aino Sibelius weiterhin in
Ainola. Sie ordnete die Papiere des Geschlechts und half zum
Beispiel Santeri Levas und Erik Tawaststjerna bei ihren
Sibelius-Biographien. Aino Sibelius war beinahe 98 Jahre alt, als
sie am 8. Juni 1969 starb.
Aino
Sibelius’ Erinnerungen an Ainola