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Sibelius' Bedeutung im
 21. Jahrhundert


Sibelius ist heute, am Anfang des 21. Jahrhunderts, ein durchaus aktueller Komponist. In den fünf Jahren vor der Jahrtausendwende wurden seine Symphonien als vollkommene Konzertserien u. a. in folgenden Städten aufgeführt: In London (die Symphoniker von Göteborg mit Neeme Järvi sowie das Londoner Symphonieorchester mit Sir Colin Davis), in Helsinki (Europäisches Kammerorchester mit Paavo Berglund sowie Städtisches Orchester von Lahti mit Osmo Vänskä), in Tokio und Lahti (Städtisches Orchester Lahti mit Osmo Vänskä), in Berlin (Deutsches Symphonie-Orchester mit Vladimir Ashkenazy) und in Wien (Symphonieorchester des finnischen Rundfunks mit Jukka-Pekka Saraste).

Sibelius’ Musik wird viel aufgenommen. Seit den Aufnahmen der frühen Meister, wie Robert Kajanus, Thomas Beecham, Serge Koussevitzky und Herbert von Karajan, haben mehrere Dirigenten Sibelius’ Werke aufgenommen und die Zahl der Neuaufnahmen nimmt andauernd zu. Ende des 20. Jahrhunderts hatte Paavo Berglund schon drei Mal eine Gesamtaufnahme von Sibelius’ Symphonien dirigiert und Lorin Maazel, Sir Colin Davis und Jukka-Pekka Saraste hatten alle Sibelius’ Symphonienzyklus schon zwei Mal aufgenommen.  Einmal haben auch z. B. Osmo Vänskä, Leif Segerstam, Vladimir Ashkenazy, Neeme Järvi, Simon Rattle, Petri Sakari und Sakari Oramo die Symphonien in ihrem ganzen Umfang aufgenommen.

Sibelius gründete keine eigentliche Schule, obwohl seine Schüler Leevi Madetoja und Toivo Kuula in Finnland erfolgreich waren und obwohl einige britische und amerikanische Komponisten stark von ihm beeinflusst waren, z. B. Arnold Bax, Ralph Vaughan Williams und Samuel Barber. In Finnland wurden die Komponisten Aulis Sallinen, Einar Englund und Joonas Kokkonen von Sibelius’ „symphonischer Eigenart“ und von der Idee des organischen Wachsens der Komposition angesteckt, jeder auf seine individuelle Art und Weise.

Als neuere Wendungen können folgende Ereignisse angesehen werden: Der Einfluss der Symphonie Nr. 7 auf französische Komponisten der Spektralmusik, wie Tristan Murail ja Gerard Grisey sowie Sibelius’ Einfluss auf den Minimalismus, etwa auf Philip Glass, der ganz offen von Sibelius übernahm, sowie auf postserielle Modernisten, wie den finnischen Komponisten Magnus Lindberg. Auch der Amerikaner John Adams, der Minimalismus mit Modernismus verbindet und viele britische Komponisten, wie Thomas Adès ja Julian Anderson, haben sich als Sibelius-Anhänger zu erkennen gegeben.

Die gegenwärtigen Komponisten interessieren sich für Sibelius’ Ideen über die Form und dafür, wie er die Zeit seiner Musik manipuliert, für seine Gedanken über Farben (denen man früher wenig Beachtung geschenkt hatte) sowie für seine Art den Aufbau zu überlappen und eine Art „Musik der grünen Bewegung“ zu komponieren, in der das musikalische Material die Entstehung, Aufkeimung und Diversifikation in einem Prozess enthält, der mit dem organischen Wachstumsprozess der Natur verglichen werden kann.

Sibelius’ Meisterwerke fordern die traditionelle Formbetrachtung heraus, durch ihre Vieldeutigkeit und durch die Art, in der der musikalische Inhalt letztendlich die Form bestimmt.