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Kammermusik für Trios, Quartette und Quintette

Kammermusik mit Klavier in Hämeenlinna


Family trio: Jean, Linda and Christian Sibelius

Trio (G-Dur?) für zwei Violinen und Klavier: 1. Andante - Allegro, 2. Adagio, 3. Vivace. Vollendet 1883.

Menuett für zwei Violinen und Klavier. Vollendet 1883.

Trio a-Moll für Violine, Violoncello und Klavier: 1. Allegro con brio, 2. Andante, 3. Menuetto. Vollendet 1884.

Quartett d-Moll für zwei Violinen, Violoncello und Klavier: 1. Andante molto - Allegro moderato, 2. Adagio, 3. Menuetto, 4. Grave - Rondo (Vivacissimo). Vollendet 1884.

Ein Klavier findet sich beinahe in allen Kammermusikwerken für mindestens drei Musiker, die Sibelius vor der Immatrikulation am Musikinstitut (Herbst 1885) komponierte. Die Geschwister Sibelius hatten ca. 1881 ein Trio gebildet, in dem Linda Klavier, Christian Violoncello und Janne Violine spielte. Die Mutter spielte mit den Kindern Orgelharmonium. „Wir spielten zusammen; Janne die Violine, Kitti das Violoncello, die Mutter das Klavier oder Klavierharmonium. Janne komponierte schon als ein ziemlich kleiner Junge für Klavier und Violine, und ich musste direkt aus den geschriebenen Noten begleiten, was nicht einfach war“, erinnerte sich Linda Sibelius.

1882 wuchs die Zahl der Musik spielenden Kameraden rapide. Anfang Sommer schrieb Janne an seinen Onkel Pehr, dass er u. a. Etüden und Duette mit Anna Tigerstedt, der Tochter des Gemeindearztes Theodor Tigerstedt, spielte. Im Herbst 1882 schloss Sibelius sich einem Streichquartett an. Zum Repertoire gehörten zum Beispiel Quartette von Haydn.

Die erste Erwähnung einer eigenen Komposition findet sich in einem Brief aus Kalalahti vom 25. August 1883. Darin erzählte Sibelius, dass er ein Trio komponiert hätte und an einem zweiten arbeitete. „Sie sind nicht gut, aber es tut gut, an Regentagen eine Beschäftigung zu haben“, schrieb er. Das erhalten gebliebene Trio ist die erste Komposition von Janne, die sich mit Sicherheit datieren lässt.

Seine frühesten Werke komponierte Sibelius als Hausmusik für die Familie. Zum Beispiel haben Erik Furuhjelm und Erik Tawaststjerna die frühen Entwürfe eingehend studiert. Sie haben in den frühen Werken Einflüsse des Wiener Klassizismus entdeckt.

Im Februar 1884 wurde Janne mit Johann Christian Lobes Werk Lehrbuch der musikalischen Composition bekannt, das er in seinem Brief an Onkel Pehr Compositionslehre nannte. Wenn Sibelius das Werk tatsächlich durcharbeitete, erhielt er für sein Alter außergewöhnliche Kenntnisse in Musiktheorie. Bald komponierte Sibelius nach Lobes Theorien ein Quartett und ein Trio für Klavier. Das im August 1884 vollendete Klavierquartett in d-Moll erinnert schon an Mendelssohn. Es ist nicht bekannt, wann und wo das Werk aufgeführt wurde, weshalb auch das im September 2002 auf den Sibelius-Wochen in Järvenpää aufgeführte Quartett als Erstaufführung gilt. Sibelius war der Meinung, dass das Quartett einigermaßen gut wäre und er zeigte Erik Furuhjelm, der 1916 das erste Buch über Sibelius’ Leben und Arbeit schrieb, ein Fragment aus dessen Finale.

Diese frühen Werke von Sibelius müssen gegen ihren Hintergrund betrachtet werden: die Musik ist überraschend gut, wenn man daran denkt, dass es sich um einen Teenager handelt, der, abgesehen von ein paar Stunden Violinunterricht, keine musikalische Ausbildung erhalten hatte und der sich die Grundzüge der Musiktheorie aus einigen Büchern ohne Anleitung angeeignet hatte.

Kammermusik mit Klavier während der Studienjahre

Allegro für Violine, Violoncello und Klavier. Vollendet 1886.

Trio a-Moll, „Havträsk-trio“ für Violine, Violoncello und Klavier: 1. Allegro maestoso, 2. Andantino, 3. Scherzo (Vivace), 4. Rondo. Vollendet 1886.

Trio D-Dur, „Korpo-trio“ für Violine, Violoncello und Klavier: 1. Allegro moderato, 2. Fantasia, 3. Finale (Vivace). Vollendet 1887.

Scherzo für Violine, Violoncello und Klavier, vierhändig. Vollendet 1887, ein Teil verschollen.

Quartett für Violine, Violoncello, Harmonium und Klavier. Vollendet 1887.

Andantino für Violine, Violoncello und Klavier. Vollendet 1887–1888.

Trio C-Dur, „Lovisa-trio“ für Violine, Violoncello und Klavier: 1. Allegro, 2. Andante, 3. Lento - Allegro con brio. Vollendet 1888.

Andante - Allegro für Streichquartett und Klavier. Vollendet 1888–1889.

Klavierquintett g-Moll für Streichquartett und Klavier: 1. Grave - Allegro, 2. Intermezzo (Moderato), 3. Andante, 4. Scherzo (Vivacissimo), 5. Moderato – Vivace. Vollendet 1890.

Klavierquartett c-Moll (auch: C-dur) für zwei Violinen, Violoncello und Klavier. Vollendet 1891.

Jean Sibelius komponierte während seiner Studienjahre am Musikinstitut in Helsinki eine Menge Kammermusik. Einen Teil davon hielt er vor seinem Lehrer Martin Wegelius verborgen, weil die Ideale des Lehrers nicht ganz den Gedanken des jungen Komponisten entsprachen. Der junge Komponist war ja auch immer im Sommer ungezwungener, als er Trios für Klavier komponierte, die dann zusätzliche Namen gemäß der jeweiligen Sommerhausgegend bekamen: Havträsk, Korpo und Lovisa. Von diesen wird das sonnige und problemlose Lovisa-Trio am öftesten aufgeführt.

Die Abschlussarbeiten am Musikinstitut komponierte Sibelius ohne Klavier (siehe unten), aber vollendete während des Studienjahres in Berlin 1889–1890 ein umfassendes Quintett für Klavier in g-Moll. Die Uraufführung des erfolgreichen Quintetts von Christian Sinding, das Sibelius im Januar 1890 in Leipzig gehört hatte, mag ihn inspiriert haben.

Der erste und dritte Satz des Quintetts für Klavier wurden am 5. Mai im Konzert von Busoni und des Quartetts des Musikinstituts aufgeführt. Das Werk kam gut an. „Hurra! Hurra! Hurra!“ schrieb Bruder Christian vom Applaus aufgeregt. Wegelius war anderer Meinung und schimpfte das Quintett in Grund und Boden. Auch Sibelius selbst schrieb schon vor der Aufführung an Werner Söderhjelm, dass das Quintett „nichts taugt“. Am 11. Oktober wurde Sibelius’ Klavierquintett in Turku aufgeführt. Das war das erste Mal, dass das Quintett in seinem ganzen Umfang aufgeführt wurde. Adolf Paul spielte den Klaviereinsatz. Danach wurde das Klavierquintett nur selten aufgeführt.

Die Einflüsse von Sinding sind vielleicht am besten im Klaviereinsatz des Werkes zu hören. Das Jahr in Berlin brachte auch mehr Chromatik und dämonische Züge in seine Musik. Der junge Sibelius kannte jetzt alle Laster junger Männer und sein Weltschmerz war typischerweise pathetisch. Die unschuldige Zärtlichkeit eines Lovisa-Trios war immer noch zu spüren und eigentlich reicher als zuvor. Die Kontraste waren größer und so wurde auch die Frische der Unschuld mehr als je herausgehoben.

Das Quintett beginnt mit dem Quintentremolo des Klaviers und mit chromatischen Ausbrüchen der Verzweiflung mittels der Streichinstrumente. Es klingt, als ob Sibelius versucht hätte, die Klangkraft eines Orchesters aus dem Quintett herauszuholen, ohne darin erfolgreich zu sein. Typisch sibelianisch ist jedoch, wie das Hauptthema aus der Einleitung herauswächst. Das Werk in fünf Sätzen dauert über eine halbe Stunde und es sind da mehrere Ansätze für den finnischen Stil von Sibelius zu finden und für ein Denken, dass das Schema der Sonatenform bricht,  aber deren Grundsatz verinnerlicht.

Während des Studienjahres in Wien konzentrierte sich Sibelius auf die Studien der Orchesterkomposition und auf Lieder. Kammermusik war durch das Quartett für Klavier in c-Moll (oft C-Dur genannt) repräsentiert. Es war ein Gruß an seine Verlobte, Aino Järnefelt, die eine begabte Pianistin war. Das Werk war ursprünglich ein Klavierstück. Sibelius schuf etwas später daraus die Fassung für Klavier und fügte noch die Einleitung in C-Dur bei. Das Quartett beinhaltet ein Thema mit Variationen, was in Sibelius’ Produktion sehr selten vorkommt. Diese Entwicklung führte später zum Beispiel in dem langsamen Satz der Symphonie Nr. 5 zu einer Lösung, in der die Variationen sich überschneiden und die Metamorphose ununterbrochen anhält.

Kammermusikwerke ohne Klavier

Studienjahre

Streichquartett Es-Dur: 1. Allegro, 2. Andante molto, 3. Scherzo (Allegretto), 4. Vivace. Vollendet 1885.

Molto moderato - Scherzo (Allegretto) für Streichquartett. Vollendet 1885. Aus dem Scherzo eine Fassung für Klavier ([E-Dur] und [e-Moll]), 1886.

Serenata für zwei Violinen und Violoncello. Vollendet 1887, gehört wahrscheinlich zusammen mit Menuett und Allegro.

Menuett und Allegro (auch: Allegro und Menuett) für zwei Violinen und für Violoncello. Vollendet 1887, gehört möglicherweise mit Serenata zusammen.

Alla marcia für Streichquartett. Vollendet 1888.

Andantino C-Dur für Streichquartett. Vollendet 1888.

Thema und Variationen (Teema ja muunnelmia) cis-Moll für Streichquartett. Vollendet 1888, ein Teil verschollen.

Thema und Variationen (Teema ja muunnelmia) g-Moll für Streichquartett. Vollendet 1888.

Allegretto D-Dur für Streichquartett. Vollendet 1888.

Presto für Streichquartett. Vollendet 1888.

Allegro für Streichquartett. Vollendet 1888–1889.

Andante - Allegro molto für Streichquartett. Vollendet 1888–1889.

Allegretto A-Dur für Streichquartett. Vollendet 1888–1889.

Adagio f-Moll für Streichquartett. Vollendet 1888–1889.

Andante molto sostenuto für Streichquartett. Vollendet 1888–1889.

Moderato - Allegro appassionato für Streichquartett. Vollendet 1888–1889.

Più lento für Streichquartett. Vollendet 1888–1889.

Andantino A-Dur für Violine, Viola und Violoncello. Vollendet 1889.

Fuge für Martin Wegelius (Fuga för Martin Wegelius) für Streichquartett. Vollendet 1889.

Streichquartett a-Moll: 1. Andante - Allegro, 2. Adagio ma non tanto, 3. Vivace, 4. Allegro Vollendet 1889. Suite (auch: Trio) A-Dur für Violine, Viola und Violoncello: 1. Prélude (Vivace), 2. Andante con moto, 3. Menuetto, 4. Air (Andante sostenuto), 5. Gigue. Vollendet 1889. Der Violineinsätze der Sätze 4 und 5 sind verschollen.

Op. 4 Streichquartett B-Dur: 1. Allegro, 2. Andante sostenuto, 3. Presto, 4. Allegro. Vollendet 1890. (Siehe auch Orchesterwerk Presto [Scherzo].)

Adagio d-Moll für Streichquartett. Vollendet 1890.

Jean Sibelius komponierte in seinen Hämeenlinna-Jahren sehr wenig Kammermusik ohne Klavier. Das Streichquartett Es-Dur wurde im Sommer 1885 in Hämeenlinna komponiert und an dem Quartett kann man das Niveau erkennen, das Sibelius vor dem Musikinstitut und vor dem Unterricht durch Martin Wegelius erreicht hatte. Das Quartett scheint die Freude des jungen Sibelius‘ über das Reifezeugnis und den Schulabschluss zu beschreiben. Jetzt brauchte er nicht mehr für die Prüfungen zu lernen, er wollte nur noch spielen und sich auf die Musik konzentrieren.

Das offensichtlichste Vorbild für das Quartett ist Haydn und Sibelius ist schelmisch und jungenhaft wie der alte Maestro. In dem Quartett gibt es schon Ansätze für das spätere originelle musikalische Genie und der Einfluss des romantischeren Stils ist zu hören.

Ein Teil der Werke, die während der Studienjahre entstanden waren, sind nur als mangelhafte Fassungen erhalten geblieben. Die interessantesten und originellsten Werke sind mit Sicherheit die Suite für Violine, Viola und Violoncello in fünf Sätzen sowie das Streichquartett in a-Moll. Mit diesen Werken festigte Sibelius 1889 seine Stellung als größte Hoffnung am finnischen Musikhimmel zum Abschluss seiner Studienjahre am Musikinstitut.

Die Suite wurde am 13. April 1889 uraufgeführt und der Lehrer Ferruccio Busoni am Musikinstitut war begeistert: „Wir spitzten unsere Ohren, weil wir verstanden, dass wir etwas erleben durften, was gewaltig das Niveau der üblichen Studentenarbeiten übertraf.“

Die Suite in A-Dur war zu dieser Zeit ein mutiges und stellenweise pikant dissonierend klingendes Werk. Es sind leider nur die drei ersten Sätze der Suite ganz erhalten geblieben und der Entwurf für den fünften Satz. Die Uraufführung war ein mäßiger Erfolg.

Das Prélude ist der interessanteste Satz der Suite. Das Denken in Farben bildete sich jetzt in Sibelius’ Produktion heraus und der Stil war kühn neuartig. Das Violoncello spielt Quarten- und Quintenläufe, die Viola bringt in den mittleren Teil einen impressionistischen Flimmer und die Violine spielt eine kühne Melodie. Den Zeitgenossen gefielen jedoch die konventionelleren Teile der Suite besser.

Auf dem Abschlussfest am Musikinstitut wurde das Streichquartett a-Moll uraufgeführt. Davor war die Fuge für Martin Wegelius gespielt worden, die sich später als eine Vorarbeit für den letzten Satz des Quartetts herausgestellt hat.

Das Quartett in a-Moll wurde am 29. Mai 1889 uraufgeführt und die Kritik war diesmal nur lobend. „Der Höhepunkt des Abends“, schmeichelte die Zeitung „Uusi Suometar“. ”Er ist mit einem Schlag in die erste Reihe derer aufgerückt, in deren Hände man die Zukunft der finnischen Musik gelegt hat", schrieb seinerseits Karl Flodin in „Nya Pressen“. Robert Kajanus war auch im Publikum und gab auf der Stelle seine eigenen Komponistenpläne auf – an diesem Entschluss hielt er auch ca. zehn Jahre fest, bis er es sich wieder anders überlegte.

Das Quartett ist eines der reifsten Werke aus der Studienzeit von Sibelius, obwohl der Einfluss von Beethoven, Grieg und Mendelssohn deutlich zu erkennen ist. Sibelianisches Material ist darin zu finden sowie Andeutungen auf die zukünftigen Meisterwerke.

Das Streichquartett B-Dur wurde im Verlobungssommer 1890 komponiert. Es ist gut möglich, dass die klassizistische Helligkeit mit den Liebesstimmungen der Verlobten zusammenhängt. Sibelius vollendete das Stück in Loviisa und es wurde am 13. Oktober in Helsinki uraufgeführt. Inmitten der Helligkeit gibt es im ersten Satz auch dunklere Farben und wilde Chromatik. Im zweiten Satz sind „der finnische Ton“ und der Einfluss des Volkslieds schon nahe ihrem Ausbruch, anderthalb Jahre vor Kullervo. In dem Satz gibt es auch Zusammenhänge mit der Suite Der Liebende (Rakastava) von 1894. Ilmari Krohn war der Meinung, dass es im Scherzo auch „echt finnische Musik“ gab, aber das Finale wurde für konventioneller gehalten, vielleicht war es in Eile komponiert worden. Das Quartett ist dennoch eine harmonische Ganzheit und das einzige der Trios, Quartette und Quintette der Jugendzeit, dem Sibelius später auch eine Opusnummer verlieh.

Adagio d-Moll ist offenbar Musik, die Sibelius ursprünglich für sein Streichquartett B-Dur vorgesehen hatte.

Voces intimae und Andante festivo

Op. 56 Streichquartett d-Moll („Voces intimae")1. Andante - Allegro molto moderato, 2. Vivace, 3. Adagio di molto, 4. Allegretto (ma pesante), 5. Allegro. Vollendet 1909.

Andante festivo für Streichquartett. Vollendet 1922. Siehe auch das Orchesterwerk Andante festivo.

Es ist kaum zu fassen, dass Sibelius, der in seiner Jugend Dutzende von Kammermusikwerken komponiert hatte, nach dem Jahr 1891 für den Rest seines Lebens Trios, Quartette und Quintette beinahe vollkommen vergaß. Eine Ausnahme machte er nur im Jahr 1909, als er das Streichquartett d-Moll komponierte (Voces intimae). Es ist Sibelius‘ einziges großes Werk für Streichquartett aus seinen reiferen Jahren.

Im Dezember 1908 konzentrierte Sibelius sich auf das Komponieren des Quartetts, nachdem er das Werk Nächtlicher Ritt und Sonnenaufgang (Öinen ratsastus ja auringonnousu) vollendet hatte. Anfang des Jahres komponierte er in London weiter daran. Am 15. April präsentierte er sein Quartett Voces intimae dem Verleger Lienau. „Es wurde wunderbar. So ein Werk, das das Lächeln sogar noch auf dem Sterbebett auf die Lippen bringt. Das ist alles, was ich dazu sagen kann“, schrieb Sibelius selbstsicher an Aino.

Voces intimae wurde am 25. April, fast ein Jahr nach seiner Fertigstellung, in einem Konzert des Musikinstituts uraufgeführt. „Die Komposition erregte viel Interesse und sie gehört auch ohne Zweifel zu den großartigsten Schöpfungen ihrer Art. Sie ist keine Komposition für das große Publikum, weil sie so eigentümlich und ungewöhnlich ist“, schrieb „Helsingin Sanomat“.

Das Quartett fängt mit einem Dialog der Violine und des Violoncello in d-Moll an. Bald bekommt d-Moll dorische Töne und die Textur bekommt orchestrale Betonung. Es ist, als ob Sibelius lieber für ein Streichorchester als nur für ein Quartett komponieren möchte. Vivace in A-Dur ist auch von den Farben her stellenweise orchestral und die Stimmung ist aphoristisch. Sibelius scherzte, dass es der Satz 1½ war, weil der Komponist ihn nahtlos mit dem Seitenthema des ersten Satzes verbunden hatte. Die strukturale Verbindung weist auf ihre Weise schon auf die Lösung im ersten Satz der Symphonie Nr. 5 hin.

Das Adagio ist der schöne und rührende Mittelpunkt des Quartetts und gerade auf den Notenseiten dieses Satzes schrieb Sibelius später den Ausruf „Voces intimae!“. Das menuettartige Allegretto (ma pesante) läuft in Moll, und hier gibt es keine Trioepisode in Dur, wie gewohnt. Die Themen hängen sowohl mit dem ersten Satz als auch mit dem Adagio zusammen.

Den letzten Satz hielt Tawaststjerna für routinemäßig und vermutete, dass Sibelius ihn in Eile komponiert hätte. Die Stimmung ist dennoch so fieberhaft, dass sie einen leicht mitreißt. Die inneren Stimmen verwandeln sich in den enthusiastischen Wunsch zu kommunizieren. In dem Satz gibt es interessante Anklänge an die Ouvertüre a-Moll aus dem Jahr 1902 und vielleicht sogar an die Fuge für Martin Wegelius. Ist der Satz wie ein Sturz in die Leere, bei dem das Leben wie ein Film vor den Augen abläuft? „Oh! Oh! Oh! Ein menschliches Wrack. Was habe ich gemacht? Nur gut komponiert!“, hielt der Komponist an dem Tag in seinem Tagebuch fest, an dem er das Quartett an den Verleger Lienau schickte.

Sibelius dachte über die Natur seines Quartetts auch noch später nach: „Das melodische Material ist gut, aber die Harmonie könnte ‚leichter’ sein und warum nicht, ‚mehr Quartett’“, stellte er fest. Gleichzeitig glaubte er ein neues Niveau erreicht zu haben. „Ich glaube mit dem Quartett meine Gesellenprüfung bestanden zu haben.“

Andante festivo

Kurz vor Weihnachten 1922 bat Walter Parviainen Sibelius um eine Festkantate für das 25-jährige Jubiläum der Fabrikanlagen in Säynätsalo. Sibelius suchte schnell ein mehrseitiges Kleinstück für ein Streichquartett aus seinen Entwürfen heraus. Das Werk kann möglicherweise auf sehr frühen Entwürfen basieren, vielleicht sogar auf dem Plan für das Marjatta-Oratorium am Anfang des 20. Jahrhunderts.

Das thematische Material interessierte Sibelius so sehr, dass er 1924 daraus auch ein vorzügliches Klavierstück Die Dorfkirche (Kyläkirkko) schuf.

Sibelius war mit der ursprünglichen Fassung des Quartetts nicht zufrieden. Wie in Voces intimae wollte er vielleicht in den Streichinstrumenten mehr Üppigkeit haben, als vier Musiker bieten können. 1929 heiratete die Nichte des Komponisten, Riitta Sibelius, und Andante festivo wurde auf der Hochzeit von zwei zusammengesetzten Streichquartetten gespielt. Es ist möglich, dass der Komponist das Werk auch umgearbeitet hatte.

Sibelius dirigierte 1919 die erneuerte Fassung seines Werkes für Streichorchester und Pauken. Dieses ist das einzige Tondokument von Sibelius als Dirigent.

Siehe auch Orchesterwerke: Andante festivo.